SPUR DER STEINE...

...ODER DAS NEUE SCHMUCKLABEL RARETÉ STUDIOS.

Wie zwei Gründerinnen den deutschen Luxus verjüngen.

Als im vergangenen Herbst die Einladung zu einer Pressereise nach Idar-Oberstein in meinen Postkasten flatterte, war ich sofort neugierig: Das junge Schmucklabel RARETÉ STUDIOS wollte sich Presse und Multiplikatoren vorstellen.

 

2022 von SANAZ HUGHES und ALEXANDRA WILKE gegründet, soll die Marke die nächste Generation von Schmuckliebhaber:innen und Luxuskäufer:innen ansprechen. Ihre Preziosen sind bunt, leicht und auf eine freche Art verspielt. Das Markenzeichen ist ein Namensarmband, das sogenannte Belonging-Armband, welches mit Motiven der Kindheit und Kaugummiautomaten spielt… in 18 Karat Gold und facettierten Farbedelsteinen wie Amethyst oder Citrin. Das allein fand ich schon einmal bemerkenswert frisch. Der Fakt aber, dass eine der beiden Gründerinnen in IDAR-OBERSTEIN geboren wurde und dass das Label durch die Fertigung der Kollektion in dieser traditionsreichen Edelsteinstadt die Wurzeln der deutschen Schmuckherstellung pflegt und modern weitererzählen will, überzeugte mich final. Ich sagte zu!

 

(Dass ich einen guten Riecher hatte, hat sich übrigens schon bewiesen: RARETÉ STUDIOS ist in den Goodie-Bags für die Nominierten bei der diesjährigen Oscar Verleihung enthalten. In Zukunft werden neben mir wohl auch CATE BLANCHETT und MICHELLE YEOH den Schmuck aus Idar-Oberstein tragen.)

Die Gründerinnen SANAZ HUGHES & ALEXANDRA WILKE
Die Gründerinnen SANAZ HUGHES & ALEXANDRA WILKE

Und so fuhr ich an einem tristen Novembertag mit dem Zug von Berlin nach Idar-Oberstein. 7,5 Stunden und drei Umstiege später traf ich bei anbrechender Dunkelheit auf dem Bahnsteig eines idyllischen, aber erstaunlich maroden Ortes im Hunsrück ein. Von einem Ort, der für seine Schmuckfertigung und seinen Edelsteinhandel weltberühmt ist, hatte ich mir mehr Glam erwartet. Zwischen morbiden Felswänden gelegen, verströmten die eleganten Häuser und Villen aus besseren Tagen eine Trostlosigkeit, die mich traurig stimmte. Um so cooler und mutiger finde ich, sich als neues Label auf diese, auf seine Heimat zu beziehen.

 

Die beiden Gründerinnen holten mich am Bahnhof ab. Nach einem kurzen Frischmachen in unserem Hotel VILLA HORBACH, dem einzigen Boutiquehotel am Ort, ging es zum Spießbratenessen in die Kirschweiler Brücke. Das Fleischgericht, das seine Ursprünge in Südamerika hat, erzählt uns sogar ganz beiläufig etwas über die Geschichte des Ortes.

Die Orte Idar und Oberstein entwickelten sich ab der Mitte des 19. Jahrhunderts neben Pforzheim, Hanau und Schwäbisch Gmünd zu einem der vier wichtigsten Schmuckzentren Deutschlands. Aufgrund der natürlichen Vorkommen an Achaten, Jaspis und anderen Edelsteinen waren in Idar und Oberstein schon früh die Berufe des Achatschleifers und des Achatbohrers entstanden.


Als Folge siedelten sich um 1660 Goldschmiede in der Region an, denn durch das Fassen der Achate zu z.B. Schmuckstücken konnten deren Absatzmöglichkeiten gesteigert werden. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts erschöpften sich die regionalen Vorkommen dann, die Arbeit versiegte und die Menschen begannen, in die Neue Welt, z.B. nach Brasilien, auszuwandern. Mit dem Wissen aus Deutschland erkannte man schnell, wieviel Achat es in Brasilien gab… und schiffte ihn zurück in die Heimat zur weiteren Verarbeitung. Der Rest ist Geschichte.

 

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SHARON BERKAL: Was unterscheidet Euch von anderen Labels in der deutschen Schmuckszene?

 

SANAZ HUGHES: Die Schmuckszene in Deutschland, aber auch darüber hinaus, ist teilweise doch noch recht konservativ und traditionell. Alex und ich kommen beide aus der Tech-Industrie, also einer eher schnelllebigen, risikoaffinen und innovativen Branche. Das beeinflusst sicherlich auch unsere Herangehensweise und die Vision für Rareté Studios. Was unseren Markenauftritt und unsere Schmuckstücke angeht, haben wir von Anfang an darauf gesetzt, uns auch visuell deutlich abzusetzen. Minimalistischen Schmuck und Markenauftritte in gedeckten Farben sieht man mittlerweile so häufig, dass man sie kaum noch auseinanderhalten kann. Für uns war klar: Wir wollen auffallen und in Erinnerung bleiben! Wir merken auch, dass die Menschen gerade nach den Corona-Jahren wieder Lust auf Farbe und besondere Accessoires haben.

 

 

SHARON BERKAL: Wen wollt Ihr mit Eurem Schmuck ansprechen?

 

SANAZ HUGHES: Rareté Studios richtet sich vor allem an Schmuckliebhaber aus der Generation der sogenannten Millennials. Zu denen gehören wir ja auch selbst. Das sind diejenigen, die mitten im Leben stehen, in Führungspositionen aufsteigen und über die finanziellen Mittel verfügen, sich auch hochpreisigen Schmuck leisten zu können und diesen auch zu schätzen wissen. Und es sind auch diejenigen, die sich beim klassischen Juwelier nicht so richtig wohlfühlen oder gar nicht erst reingehen, weil die Barriere zu hoch ist. Sie lassen sich online inspirieren und wünschen sich ein persönliches und digitales Shopping-Erlebnis. Vertreter der Millennials und der Gen Z werden in den nächsten zehn Jahren den größten Anteil der weltweiten Ausgaben für Luxusprodukte und Schmuck tätigen. Für sie bedeutet Schmuck mehr als nur Gold und Diamanten. Sie bevorzugen Marken, die authentisch sind und für ihre Werte stehen. Und sie sind auch besonders offen dafür, Schmuckstücke von neuen Luxusmarken zu tragen, die noch nicht jeder hat

 

 

SHARON BERKAL: Warum war es Euch wichtig, in Deutschland zu produzieren?

 

ALEXANDRA WILKE: Ich bin in Idar-Oberstein aufgewachsen. Das heißt, ich kam schon früh mit dem Thema Schmuck in Berührung und habe eine besondere Wertschätzung für das jahrhundertealte Handwerk und die Menschen dahinter. Für uns war daher von Anfang an klar, dass wir unsere Schmuckstücke in Idar-Oberstein herstellen lassen wollen. Wir haben hier vertrauensvolle Partner, Schmuck- und Edelsteinexperten mit jahrzehntelanger Erfahrung, die zu den besten der Welt gehören und nach den höchsten Qualitätsstandards arbeiten. Durch die regionale Nähe und den engen Austausch mit unseren Partnern, können wir unsere Ansprüche an Qualität, Design und verantwortungsvolle Herstellung sicherstellen. Idar-Oberstein ist zudem der einzige Ort der Welt, an dem alle existierenden Edelsteinsorten verarbeitet werden. Mit unserem Fokus auf Farbedelsteine können wir hier immer wieder besondere, neue Exemplare aus aller Welt finden.

 

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Wie ernst es den beiden mit ihrem lokalen Bezug ist, konnte ich am nächsten Tag erleben. Auf den Spuren der Steine bzw. von RARETÉ STUDIOS starteten wir unseren Blick hinter die Kulissen in der GIESSEREI HORBACH. Schritt für Schritt wurde uns gezeigt, wie aus einem Ring ganz viele werden: vom Gipsabdruck zum Wachsmodell, zum Wachsmodell in Gips bis zum fertigen Guss, der unerwartet matt und fast wie Plastik wirkt. Ein interessanter und auch wieder erstaunlich unglamouröser Prozess, der zeigt, dass für wahre Magie einfach mehrere Komponenten aufeinandertreffen müssen. Im Falle von gegossenem Gold... das muss im nächsten Schritt auf erfahrene Juweliere treffen.

Wir besuchten dann die Meistergoldschmiede, in der für RARETÉ STUDIOS die zarten Goldkugeln mit Buchstaben gefertigt und das Edelmetall aufpoliert wird. (Der typische Glanz von Gold entsteht erst nach dem Polieren.)

 

Am Nachmittag durften wir die Schatzkammer und Werkstätten der Edelsteinschleiferei HC ARNOLDI besuchen. Hier warten Farbedelsteine aus der ganzen Welt auf ihre Weiterverarbeitung… und im Lager der Firma mit ihren Tourmalinen, Peridots und Aquamarinen kamen wir schnell ins Träumen…

 

Das Familienunternehmen führen Isaline und Carl Arnoldi gemeinsam mit ihrem Vater. Ende 2019 haben sie sich dazu entschieden, einen Onlineshop für Farbedelsteine ins Leben zu rufen und seit April 2020 können Einkäufer aus der Schmuckindustrie Edelsteine auf GEMHYPE.COM erwerben. Was auf den ersten Blick wie Frevel klingt, ist genau das, was der deutsche Mittelstand und Orte wie Idar-Oberstein zum Überleben in der Zukunft brauchen: das Verständnis, wie der moderne Markt tickt.

 

Den lehrreichen Tag beschließen wir im (einzigen) DEUTSCHEN EDELSTEINMUSEUM. Im Museum werden alle Schmuckstein- und Edelsteinarten der Welt in mehr als 10.000 Exponaten ausgestellt.

Beim Abendessen führen wir unser Gespräch fort:

 

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SHARON BERKAL: Woher kommt der Name des Labels?

 

SANAZ HUGHES: Wörtlich übersetzt steht das Wort Rareté für Seltenes: seltene Edelsteine, besondere Designs, die man noch nicht überall gesehen hat – aber auch selten gewordene Handwerkskunst, für die wir mit unserer Marke und unseren Produkten stehen. Wir verbinden mit dem Namen außerdem den zeitlosen und auch mühelosen Chic der französischen Mode, den wir mit unseren Designs auch aufgreifen.

 

 

SHARON BERKAL: Wie setzt ihr euch in eurer Markenidentität ab?

 

ALEXANDRA WILKE: Rareté Studios steht im Vergleich zu vielen anderen Schmuckmarken für die Werte einer neuen Generation, die das Thema Schmuck und das Narrativ dazu neu definieren. Frauen kaufen sich heute selbst das Schmuckstück, das sie lieben, anstatt darauf zu warten, es sich schenken zu lassen. Und sie kaufen Schmuck zu neuen Anlässen, die über die klassischen Lebensereignisse hinausgehen. Beispielsweise hat sich eine junge Berliner Unternehmerin zum Jahresende bei uns etwas gekauft, um sich selbst für ihre persönliche und berufliche Weiterentwicklung zu belohnen. Oder ein Kunde aus New York hat die Adoption seines Hundes mit einem personalisierten Belonging-Armband gefeiert. Viele alteingesessene Schmuckmarken stehen für traditionelle Geschlechterrollen und ein veraltetes Frauenbild. Aber Frauen schreiben heute ihre eigenen Geschichten, sind mutig, belohnen sich selbst und feiern ihre großen und kleinen Meilensteine! Genau darin wollen wir noch mehr Menschen bestärken.

 

 

SHARON BERKAL: Und Ihr selbst seid die besten Vorbilder dafür!

 

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Nach einer ruhigen Nacht geht es am nächsten Morgen dann noch in die einzige noch begehbare Edelsteinmine Europas, den STEINKAULENBERG. (Sie sehen, Idar-Oberstein ist ein Ort der Superlative…), bevor es wieder zurück nach Berlin geht. Hinter mir liegen 48 Stunden Lernen, Staunen und Glänzen. Und ein Gefühl, dass Aufschwung in der (Schmuck-)Luft liegt. Danke RARETÉ STUDIOS für diesen tollen Trip! Wir werden noch viel von Euch hören!

 

www.raretestudios.com



ADRESSEN:

VILLA HORBACH

Hauptstraße 264

55743 Idar-Oberstein

www.villahorbach.com

GEMHYPE.COM

Mühlwiesenstraße 28, 55743 Kirschweiler

www.gemhype.com

GIESSEREI HORBACH

Hauptstraße 139A

55743 Idar-Oberstein

www.horbachtechnik.de

HC ARNOLDI

Mühlwiesenstraße 28, 55743 Kirschweiler

www.hc-arnoldi.de

KIRSCHWEILER BRÜCKE

Kirschweiler Brücke 2

55743 Kirschweiler

www.kirschweilerbruecke.de

 

DEUTSCHES EDELSTEINMUSEUM

Hauptstraße 118

55743 Idar-Oberstein

www.edelsteinmuseum.de

EDELSTEINMINEN STEINKAULENBERG

Im Stäbel

55743 Idar-Oberstein

www.weiherschleife-steinkaulenbergwerk.de